RL: (EU) 2016/2102

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  1. Artikel 01:Gegenstand und Anwendungsbereich
  2. Artikel 02:Mindestharmonisierung
  3. Artikel 03:Begriffsbestimmungen
  4. Artikel 04:Barrierefreianforderungen
  5. Artikel 05:Unverhältnismäßige Belastung
  6. Artikel 06:Vermutung der Konformität
  7. Artikel 07:Zusätzliche Maßnahmen
  8. Artikel 08:Überwachung und Berichterstattung
  9. Artikel 09:Durchsetzungsverfahren
  10. Artikel 10:Ausübung der Befugnisübertragung
  11. Artikel 11:Ausschussverfahren
  12. Artikel 12:Umsetzung
  13. Artikel 13:Überprüfung
  14. Artikel 14:Inkrafttreten
  15. Artikel 15:Adressaten

Artikel 1 Gegenstand und Anwendungsbereich

(1) Im Hinblick auf die Ver­bes­se­rung des Funk­tio­nierens des Bin­nen­markts ist der Zweck dieser Richt­linie die An­glei­chung der Rechts- und Ver­waltungs­vor­schrif­ten der Mit­glied­staaten zu den Bar­riere­frei­heits­an­for­de­run­gen für die Web­sites und mobilen An­wen­dungen öf­fent­licher Stel­len, da­mit diese Web­sites und mo­bi­len An­wen­dungen für die Nut­zer, ins­be­son­dere für Men­schen mit Be­hin­de­run­gen, bes­ser zu­gäng­lich ge­stal­tet werden.

(2) Mit dieser Richt­linie werden die Vor­schrif­ten fest­ge­legt, nach denen die Mit­glied­staaten ge­währ­leisten müs­sen, dass Websites – un­ab­hän­gig von dem für den Zu­gang ge­nutz­ten Gerät – und mobile An­wen­dungen öffent­licher Stel­len die Bar­riere­frei­heits­an­for­de­rungen gemäß Artikel 4 er­fül­len müs­sen.

(3) Diese Richtlinie gilt nicht für fol­gende Websites und mobile An­wen­dungen:

  1. Websites und mobile An­wen­dungen öf­fent­lich-recht­licher Rund­funk­an­stal­ten und ihrer Zweig­stel­len oder an­derer Stel­len und deren Zweig­stel­len, die der Wahrnehmung eines öffentlichen Sendeauftrags dienen;
  2. Websites und mobile An­wen­dungen von NRO, die keine für die Öffent­lich­keit wesent­lichen Dienst­leistun­gen oder spe­ziell auf die Be­dürf­nis­se von Men­schen mit Be­hin­derun­gen aus­ge­rich­te­te oder für diese kon­zi­pier­te Dienst­leistungen anbieten.

(4) Diese Richt­linie gilt nicht für die folgenden In­halte von Websites und mobilen An­wen­dun­gen:

  1. Dateiformate von Büro­an­wen­dungen, die vor dem 23. Sep­tem­ber 2018 ver­öf­fent­licht wur­den, es sei denn, diese In­halte sind für die akti­ven Ver­wal­tungs­ver­fahren der von der be­tref­fen­den öf­fent­lichen Stel­le wahr­ge­nommenen Auf­gaben er­forder­lich;
  2. aufgezeichnete zeitbasierte Medien, die vor dem 23. Sep­tem­ber 2020 ver­öffent­licht wurden;
  3. live übertragene zeitbasierte Medien;
  4. online-Karten und Karten­dienste, sofern bei Karten für Navi­gations­zwecke wesent­liche In­forma­tionen in einer bar­riere­frei zu­gäng­lichen Weise digital be­reit­ge­stellt werden;
  5. Inhalte von Dritten, die von der betreffenden öffentlichen Stelle weder fi­nan­ziert noch entwickelt werden noch deren Kon­trol­le unter­liegen;
  6. Reproduktionen von Stücken aus Kultur­erbe­samm­lun­gen, die nicht voll­ständig bar­riere­frei zu­gäng­lich ge­macht werden können aufgrund
    1. der Unvereinbarkeit der Bar­rie­re­frei­heits­an­for­derungen mit ent­weder der Er­hal­tung des be­tref­fenden Gegen­stands oder der Authen­tizität der Re­pro­duktion (z.B. Kontrast) oder
    2. der Nichtverfügbarkeit auto­ma­ti­sierter und kosten­effi­zien­ter Lösungen, mit denen Text aus Manus­kripten oder anderen Stücken aus Kultur­erbe­sammlungen einfach extrahiert und in mit den Barriere­frei­heits­an­for­derungen kom­pa­tible In­halte um­ge­wan­delt werden könnte;
  7. Inhalte von Extranets und Intra­nets, d.h. Websites, die nur für eine ge­schlos­sene Grup­pe von Per­so­nen und nicht für die all­ge­meine Öffent­lich­keit verfügbar sind, die vor dem … 23. Sep­tem­ber 2019 ver­öf­fent­licht wur­den, bis diese Web­sites eine grund­le­gen­de Über­ar­bei­tung er­fahren;
  8. Inhalte von Websites und mo­bi­len An­wen­dungen, die als Archive gel­ten, d.h., die aus­schließlich In­halte ent­halten, die weder für aktive Ver­waltungs­ver­fahren benötigt werden noch nach dem 23. Sep­tember 2019 ak­tua­li­siert oder über­ar­bei­tet wurden.

(5) Die Mitglied­staaten können Websites und mobile An­wen­dun­gen von Schu­len, Kinder­gärten oder Kinder­krippen vom Anwendungs­bereich dieser Richt­linie aus­nehmen, mit Aus­nahme der Inhalte, die sich auf wesent­liche online-Ver­wal­tungs­funk­tionen be­ziehen.

Artikel 2 Mindestharmonisierung

Die Mitgliedstaaten können gemäß dem Unions­recht Maß­nah­men auf­rechter­halten oder einführen, die über die in dieser Richt­linie fest­gelegten Mindest­an­forderungen für die Barriere­frei­heit von Websites und mobilen Anwendungen hinausgehen.

Artikel 3 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie be­zeich­net der Aus­druck

  1. „öffentliche Stelle“ den Staat, die Ge­bietskörper­schaf­ten, die Ein­rich­tungen des öf­fent­lichen Rechts im Sinne der De­fini­tion in Artikel 2 Absatz 1 Nummer 4 der Richtlinie 2014/24/EU oder Ver­bän­de, die aus einer oder mehreren solcher Kör­per­schaf­ten oder Ein­rich­tungen des öf­fent­lichen Rechts be­stehen, sofern diese Ver­bände zu dem be­son­deren Zweck ge­grün­det wurden, im All­ge­mein­interesse liegende Auf­ga­ben nicht ge­werbl­icher Art zu erfüllen;
  2. „mobile Anwendungen“ An­wen­dungs­soft­ware, die von öffent­lichen Stel­len oder in deren Auf­trag zur Nut­zung durch die breite Öf­fent­lich­keit auf mo­bi­len Ge­räten wie Smart­phones oder Tablets kon­zi­piert und ent­wickelt wurde. Dazu gehört nicht die Software zur Steuerung dieser Geräte (mobile Be­triebs­systeme) oder die Hard­ware selbst;
  3. „Norm“ eine Norm im Sinne der Definition in Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
  4. „europäische Norm“ eine euro­päische Norm im Sinne der De­fi­ni­tion in Ar­tikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
  5. „harmonisierte Norm“ eine harmonisierte Norm im Sinne der De­fi­ni­tion in Arti­kel 2 Nummer 1 Buch­stabe c der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012;
  6. „zeitbasierte Medien“ folgende Arten von Medien: nur Audio, nur Video, Audio-Video, interaktives Audio- und/oder Video­material;
  7. „Stücke aus Kultur­er­be­samm­lungen“ Ge­gen­stände in pri­va­tem oder öf­fent­lichem Besitz, die von his­torischem, künst­le­rischem, archäo­lo­gischem, äs­theti­schem, wissen­schaft­lichem oder techni­schem Inte­resse sind und die Teil von Samm­lungen sind, die von Kultur­ein­rich­tungen wie Bi­blio­theken, Archi­ven und Mu­seen ge­führt werden;
  8. „Messdaten“ die quanti­fi­zierten Er­geb­nisse der Über­wachungs­tätig­keit zur Über­prüfung, ob die Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen die in Artikel 4 festgelegten Barriere­frei­heits­an­for­derungen erfüllen. Sie er­fassen sowohl quanti­ta­tive In­for­matio­nen über die geprüften Websites und mo­bilen An­wen­dun­gen (Zahl von Websites und An­wen­dungen sowie ge­ge­benen­falls An­zahl der Be­sucher oder Nutzer usw.) als auch quan­ti­ta­tive In­forma­tionen über den Grad der Barriere­frei­heit.

Artikel 4 Anforderungen an den barriere­freien Zugang von Websites und mo­bilen An­wen­dungen

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass öf­fent­liche Stel­len die er­for­der­lichen Maß­nahmen treffen, um ihre Websites und mobilen An­wen­dungen bes­ser zu­gäng­lich zu ma­chen, indem sie sie wahr­nehm­bar, be­dien­bar, ver­ständ­lich und ro­bust ge­stal­ten.

Artikel 5 Unverhältnismäßige Belastung

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass öffentliche Stellen die Bar­riere­frei­heits­an­for­derun­gen gemäß Artikel 4 in einem Aus­maß an­wen­den, dass diese An­for­de­rungen für die Zwecke des ge­nann­ten Ar­ti­kels keine un­ver­hält­nis­mäßige Be­lastung für die öf­fent­lichen Stel­len be­wir­ken.

(2) Um zu bewerten, inwieweit die Ein­hal­tung der Bar­riere­frei­heits­an­for­derun­gen gemäß Artikel 4 eine un­ver­hältnis­mäßige Be­lastung be­wirkt, stellen die Mit­glied­staaten sicher, dass die be­tref­fende öf­fent­liche Stelle den ein­schlä­gigen Um­stän­den Rech­nung trägt, wozu unter an­derem Fol­gendes ge­hört:

  1. Größe, Ressourcen und Art der betreffenden öffentlichen Stelle und
  2. die geschätzten Kosten und Vorteile für die be­tref­fende öf­fent­liche Stelle im Verhältnis zu den geschätzten Vor­tei­len für Menschen mit Be­hin­derungen, wobei die Nutzungs­häufig­keit und die Nutzungs­dauer der be­tref­fenden Website bzw. der be­tref­fen­den mo­bilen An­wen­dung zu be­rücksich­tigen sind.

(3) Unbeschadet des Absatzes 1 dieses Artikels nimmt die betreffende öffent­liche Stelle die erste Be­wer­tung, in­wie­weit die Ein­haltung der Bar­riere­freiheits­an­for­de­run­gen ge­mäß Artikel 4 eine un­ver­hält­nismäßige Be­lastung bewirkt, vor.

(4) Nimmt eine öffentliche Stelle für eine bestimmte Website oder mobile An­wendung nach der Durch­führung einer Bewertung gemäß Absatz 2 dieses Artikels die in Absatz 1 dieses Artikels vor­ge­sehene Aus­nahme in An­spruch, so er­läutert sie in der Er­klärung gemäß Artikel 7, welche Teile der Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen nicht er­füllt wer­den konnten, und schlägt ge­ge­benen­falls barriere­frei zu­gäng­liche Alter­na­tiven vor.

Artikel 6 Vermutung der Kon­formität mit den Barriere­frei­heits­an­for­de­rungen

(1) Bei Inhalten von Websites und mobilen An­wen­dungen, die har­mo­ni­sier­ten Nor­men oder Teilen solcher Normen entsprechen, deren Referenzen die Kom­mis­sion gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1025/2012 im Amts­blatt der Euro­päischen Union ver­öffent­licht hat, wird davon aus­ge­gan­gen, dass sie die Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen gemäß Artikel 4 in den von den jeweiligen Normen oder Teilen von Normen abgedeckten Bereichen erfüllen.

(2) Wurden keine Referenzen von har­mo­ni­sier­ten Normen gemäß Absatz 1 dieses Artikels veröffentlicht, so wird bei Inhalten von mobilen Anwendungen, die die tech­nischen Spe­zi­fi­ka­tionen oder Teile davon erfüllen, davon aus­ge­gangen, dass sie die Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen ge­mäß Arti­kel 4, die durch diese tech­nischen Spe­zi­fi­ka­tio­nen oder Teile davon erfasst werden, er­fül­len.

Die Kommission erlässt Durch­führungs­rechts­akte zur Fest­le­gung der in Unter­absatz 1 dieses Ab­satzes ge­nann­ten tech­nischen Spezifi­ka­tionen. Diese tech­nischen Spe­zi­fi­ka­tionen müs­sen die Barriere­frei­heits­an­forde­rungen gemäß Artikel 4 erfüllen und einen mit der europäischen Norm EN 301 549 V1.1.2 (2015-04) zumindest gleich­wer­tigen Grad der Zu­gäng­lich­keit ge­währ­leisten.

Die Durchführungsrechtsakte gemäß Unterabsatz 2 dieses Absatzes werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 11 Absatz 3 erlassen. Wurden keine Re­feren­zen von har­mo­ni­sier­ten Normen gemäß Absatz 1 veröffentlicht, so wird der erste dieser Durch­führungs­rechts­akte bis zum 23. De­zem­ber 2018 er­las­sen.

(3) Wurden keine Referenzen von har­mo­nisierten Norm gemäß Absatz 1 dieses Artikels veröffent­licht, so wird bei In­halten von Websites, die die ein­schlägigen An­for­derun­gen der euro­päischen Norm EN 301 549 V1.1.2 (2015-04) oder Teile davon er­füllen, davon aus­ge­gangen, dass sie die Barriere­frei­heits­an­for­derungen gemäß Artikel 4, die von diesen ein­schlä­gigen An­for­derun­gen oder Tei­len davon erfasst werden, er­fül­len.

Wurden keine Referenzen von harmonisierten Norm gemäß Absatz 1 dieses Artikels veröffentlicht und liegen keine technischen Spezi­fi­ka­tionen gemäß Absatz 2 dieses Artikels vor, so wird bei In­hal­ten von mo­bilen An­wen­dungen, die die ein­schlä­gigen An­for­derungen der euro­päischen Norm EN 301 549 V1.1.2 (2015-04) oder Teile davon erfüllen, davon aus­ge­gangen, dass sie die Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen gemäß Artikel 4, die von diesen ein­schlä­gigen An­for­derun­gen oder Tei­len davon er­fasst werden, er­fül­len.

(4) Die Kommission ist befugt, delegierte Rechts­akte gemäß Artikel 10 zur Änderung des Absatzes 3 dieses Artikels durch Aktualisierung der Bezugnahmen auf die europäische Norm EN 301 549 V1.1.2 (2015-04) zu erlassen, um auf eine jüngere Fassung dieser Norm oder auf eine europäische Norm zu deren Er­set­zung Be­zug zu nehmen, falls diese Fas­sung oder Norm die Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen ge­mäß Artikel 3 erfüllt und einen mit der euro­päischen Norm EN 301 549 V1.1.2 (2015-04) zu­min­dest gleich­wer­tigen Grad an Zu­gäng­lich­keit ge­währ­leistet.

Artikel 7 Zusätzliche Maßnahmen

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass öffent­liche Stellen eine detail­lier­te, um­fas­sen­de und klare Er­klä­rung zur Bar­riere­frei­heit über die Ver­ein­bar­keit ihrer Websites und mobilen Anwendungen mit dieser Richt­linie bereit­stel­len und diese regel­mäßig aktualisieren.

Bei Websites wird die Erklärung zur Barriere­frei­heit in einem zu­gäng­lichen For­mat unter Ver­wendung der in Absatz 2 ge­nannten Muster­er­klä­rung zur Bar­riere­frei­heit be­reit­ge­stellt und auf der ent­sprechen­den Website ver­öffent­licht.

Bei mobilen Anwendungen wird die Erklärung zur Barriere­freiheit in einem zugänglichen Format unter Ver­wendung der in Absatz 2 ge­nannten Muster­erklärung zur Barriere­frei­heit be­reit­gestellt und muss auf der Website der öffentlichen Stelle, die die be­tref­fen­de mobile An­wen­dung ent­wickelt hat, oder zu­sam­men mit anderen In­for­ma­tio­nen beim Herun­ter­la­den der An­wen­dung verfügbar sein.

Die Erklärung enthält Folgendes:

  1. eine Erläuterung zu den Teilen des Inhalts, die nicht barriere­frei zugänglich sind, und zu den Gründen für diese Un­zugäng­lich­keit sowie ge­ge­be­nen­falls zu den vor­ge­sehenen bar­riere­frei zugänglichen Alternativen;
  2. eine Beschreibung und eine Verlinkung des Feedback–Mechanismus, mit dem die Nutzer der be­tref­fenden öffent­lichen Stelle jegliche Mängel ihrer Website oder mobilen Anwendung bei der Einhaltung der Barriere­frei­heits­an­for­derungen gemäß Artikel 4 mitteilen und die gemäß Artikel 1 Absatz 4 und Artikel 5 aus­ge­nom­menen In­for­ma­tio­nen an­for­dern kön­nen;
  3. einen Link zu dem in Artikel 9 beschriebenen Durch­setzungs­ver­fahren, das in Erman­gelung einer zufrieden­stellen­den Antwort auf die Mit­teilung oder die Anfrage in Anspruch genommen werden kann.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die öffentlichen Stellen auf Mitteilungen oder Anfragen innerhalb einer vernünftigen Frist angemessen reagieren.

(2) Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung einer Muster­erklärung zur Barriere­freiheit. Diese Durch­führungs­rechts­akte werden gemäß dem Beratungs­verfahren nach Artikel 11 Absatz 2 erlassen. Die Kommission nimmt den ersten Durch­führungs­rechts­akt spätestens bis zum 23. Dezember 2018 an.

(3) Die Mitgliedstaaten treffen Maßnahmen, um die Anwendung der Barriere­frei­heits­an­for­derun­gen gemäß Artikel 4 auf andere als die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Arten von Websites oder mobilen A­nwen­dun­gen und ins­be­son­dere auf Web­sites oder mo­bile An­wen­dun­gen, die be­stehen­den na­tio­nalen Rechts­vor­schrif­ten über den barriere­freien Zu­gang unter­liegen, zu er­leich­tern.

(4) Die Mitgliedstaaten fördern und erleichtern Schulungs­programme im Zusammen­hang mit dem barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen für die einschlägigen Inte­ressen­träger und das Personal öffent­licher Stellen; die Pro­gram­me sol­len die Inte­ressen­träger und das Personal öffent­licher Stel­len im Hin­blick auf die Er­stel­lung, Ver­wal­tung und Aktuali­sierung barriere­frei zu­gäng­licher In­halte von Web­sites und mo­bi­len An­wen­dun­gen schulen.

(5) Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um für die Barriere­frei­heits­an­for­derungen gemäß Artikel 4, deren Vorteile für Nutzer und Inhaber von Websites und mobilen Anwendungen und die Möglichkeit gemäß diesem Artikel, Feedback bei Nicht­ein­haltung der An­for­derun­gen dieser Richt­linie zu er­teilen, zu sen­si­bi­li­sieren.

(6) Für die Zwecke der Überwachung und Be­richt­er­stat­tung ge­mäß Artikel 8 er­leich­tert die Kom­mis­sion die Zu­sam­men­ar­beit auf Unions­ebene der Mit­glied­staaten unter­ein­ander sowie zwischen den Mit­glied­staaten und den ein­schlä­gigen Inte­res­sen­trägern im Hinblick auf den Aus­tausch be­währter Ver­fahren zwischen ihnen und die Über­prü­fung der in Artikel 8 Absatz 2 ge­nannten Über­wachungs­methode, der markt­be­zo­genen und techno­lo­gischen Ent­wick­lungen und der Fort­schrit­te beim barriere­freien Zu­gang zu Websites und mobilen Anwendungen.

Artikel 8 Überwachung und Berichterstattung

(1) Die Mitgliedstaaten überwachen periodisch, in­wie­weit Web­sites und mo­bile An­wen­dungen öffentlicher Stellen den Barriere­freiheits­an­for­derungen gemäß Artikel 4 genügen, und wenden dabei die in Absatz 2 dieses Artikels vor­ge­sehene Über­wachungs­methode an.

(2) Die Kommission erlässt Durch­führungs­rechts­akte zur Fest­le­gung einer Methode für die Über­wachung, ob Websites und mobile An­wen­dungen den Barriere­freiheits­anfor­derungen gemäß Artikel 4 genügen. Diese Methode muss trans­pa­rent, über­trag­bar, ver­gleich­bar, re­pro­du­zier­bar und leicht zu hand­ha­ben sein. Diese Durch­führungs­rechts­akte wer­den gemäß dem Prüf­ver­fahren nach Artikel 11 Absatz 3 erlassen. Die Kom­mis­sion nimmt den er­sten Durch­führungs­rechts­akt spätestens am 23. Dezember 2018 an.

(3) Die in Absatz 2 genannte Überwachungsmethode kann Sachverständigenanalyse berücksich­tigen und um­fasst Folgendes:

  1. Angaben zur Häufigkeit der Prüfungen sowie zur Auswahl von Stich­proben der Websites und mobilen Anwendungen, die zu über­wachen sind;
  2. bei Websites Stichproben von Webseiten und der Inhalte dieser Seiten;
  3. bei mobilen Anwendungen die zu prüfenden Inhalte unter Berück­sich­ti­gung des Zeit­punkts der ersten Frei­gabe der An­wen­dung und der nach­fol­genden Updates der Funk­tionali­täten;
  4. eine Erläuterung, auf welche Weise die Erfüllung oder Nicht­erfüllung der Barriere­frei­heits­an­ford­erungen gemäß Artikel 4 ausreichend nachzuweisen ist, gegebenenfalls unter direkter Bezugnahme auf die einschlägigen Beschreibungen in der harmonisierten Norm bzw. – falls eine solche nicht existiert – in den in Artikel 6 Absatz 2 ge­nannten techni­schen Spe­zi­fi­ka­tionen oder in der in Artikel 6 Absatz 3 ge­nann­ten euro­päischen Norm, und
  5. bei Feststellung von Mängeln einen Mechanismus zur Bereit­stellung von Daten und Informationen über die Ein­hal­tung der in Bar­riere­frei­heits­an­for­derun­gen ge­mäß Artikel 4 in einem Format, das von öffentlichen Stellen verwendet werden kann, um die Mängel zu beheben, und
  6. angemessene Vorkehrungen, einschließlich, falls er­forder­lich, Bei­spielen und Leit­linien, für auto­matische und manuelle Tests und Tests der Benutzer­freund­lich­keit, in Kom­bi­nation mit den Ein­stellungen für die Probe­nahme, in einer Weise, die mit der Häufigkeit der Prüfungen und der Berichterstattung vereinbar ist.

(4) Spätestens ab dem 23. Dezember 2021 und danach alle drei Jahre berichten die Mit­glied­staaten der Kom­mis­sion über die Er­geb­nis­se der Über­wachung einschließlich der Mess­da­ten. Dieser Be­richt wird auf der Grund­lage der in Absatz 6 dieses Artikels genannten Modalitäten für die Bericht­er­stat­tung erstellt. Der Bericht ent­hält auch In­for­ma­tionen über die Nut­zung des Durch­setzungs­ver­fahrens gemäß Ar­tikel 9.

(5) In Zusammen­hang mit den gemäß Artikel 7 an­ge­nom­menen Maß­nahmen ent­hält der erste Be­richt auch Fol­gendes:

  1. eine Beschreibung der von den Mitglied­staaten er­stell­ten Mechanismen zur Be­ra­tung mit den ein­schlägigen In­teres­sen­trä­gern über die Barriere­frei­heit von Web­sites und mobilen An­wen­dungen,
  2. Verfahren für die Veröffentlichung von Ent­wick­lungen der Poli­tik bezüglich der Barriere­frei­heit von Websites und mo­bi­len An­wen­dungen,
  3. die in Bezug auf die Herstellung der Kon­for­mität mit den Vor­schrif­ten zur Er­fül­lung der Barriere­frei­heits­an­for­de­run­gen gemäß Ar­tikel 4 ge­won­nenen Er­fahrun­gen und Er­kennt­nisse und
  4. Informationen über Schulungs- und Sen­si­bi­li­sie­rungs­maß­nahmen.

Wenn die Mitgliedstaaten bei den in Unterabsatz 1 genannten Elementen wesentliche Änderungen vor­ge­nommen haben, nehmen sie In­for­ma­tionen über die Än­derun­gen in ihre nach­fol­genden Be­richte auf.

(6) Die Inhalte sämtlicher Berichte, die nicht die geprüf­ten Websites, mo­bilen An­wen­dun­gen oder öf­fent­lichen Stel­len auf­listen müs­sen, werden in einem zugänglichen Format veröffentlicht. Die Kom­mis­sion er­lässt Durch­führungs­rechts­akte zur Fest­legung der Moda­li­täten für die Be­richt­er­stattung der Mit­glied­staaten an die Kom­mis­sion. Diese Durch­führungs­rechts­akte werden gemäß dem Prüf­ver­fahren nach Artikel 11 Absatz 3 erlassen. Die Kom­mis­sion nimmt den ersten Durch­führungs­rechts­akt spätes­tens am 23. Dezember 2018 an.

(7) Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission bis zum 23. September 2018 darüber, welche Stel­le benannt wurde, um die Über­wachung und Be­richt­er­stat­tungs­funk­tionen durch­zu­führen.

Artikel 9 Durchsetzungsverfahren

(1) Die Mitgliedstaaten ge­währ­leisten die Verfüg­bar­keit eines an­ge­mes­senen und wirk­samen Durch­setzungs­ver­fahrens, um die Ein­haltung dieser Richt­linie in Be­zug auf die An­for­derun­gen in Artikel 4, Artikel 5 und Artikel 7 Absatz 1 zu gewährleisten. Die Mit­glied­staaten stel­len insbesondere sicher, dass ein Durch­setzungs­ver­fahren vor­handen ist, wie z.B. die Mög­lich­keit, sich an einen Om­buds­mann zu wen­den, um eine wirk­same Be­hand­lung der er­hal­tenen Mit­tei­lun­gen oder An­träge gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b zu gewährleisten und um die Bewertung gemäß Artikel 5 zu überprüfen.

(2) Die Mitgliedstaaten informieren die Kom­mis­sion bis zum 23. Sep­tember 2018 darüber, welche Stel­le für die Durch­setzung dieser Richt­linie zuständig ist.

Artikel 10 Ausübung der Befugnisübertragung

(1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kom­mis­sion unter den in diesem Artikel fest­ge­legten Be­dingun­gen über­tragen.

(2) Die Übertragung der Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 6 Absatz 4 an die Kom­mis­sion er­folgt für einen unbefristeten Zeitraum ab dem 23. Juni 2017.

(3) Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 6 Absatz 4 kann vom Euro­päischen Par­la­ment oder vom Rat jeder­zeit wider­rufen werden. Der Be­schluss über den Wider­ruf be­endet die Über­tragung der darin ge­nannten Be­fug­nisse. Er wird am Tag nach seiner Ver­öf­fent­lichung im Amts­blatt der Euro­päischen Union oder zu einem im Be­schluss über den Wider­ruf an­ge­ge­benen späteren Zeit­punkt wirk­sam. Die Gültigkeit von de­le­gier­ten Rechts­akten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Be­schluss über den Wider­ruf nicht berührt.

(4) Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kom­mis­sion von den ein­zelnen Mit­glied­staaten be­nannte Sach­ver­stän­dige ge­mäß den in der Inter­institu­tionel­len Ver­ein­barung vom 13. April 2016 über bessere Recht­setzung nieder­ge­legten Grund­sätzen.

(5) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, über­mit­telt sie ihn gleich­zei­tig dem Euro­päischen Par­lament und dem Rat.

(6) Ein gemäß Artikel 6 Absatz 4 erlassener delegierter Rechts­akt tritt nur in Kraft, wenn weder das Euro­päische Par­la­ment noch der Rat inner­halb einer Frist von zwei Mona­ten nach Über­mittlung dieses Recht­akts an das Euro­päische Par­la­ment und den Rat Ein­wände er­ho­ben haben oder wenn vor Ab­lauf dieser Frist so­wohl das Euro­päische Par­la­ment als auch der Rat der Kom­mis­sion mit­ge­teilt haben, dass sie keine Ein­wände er­heben wer­den. Auf Ini­tia­tive des Euro­päischen Par­la­ments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate ver­län­gert.

Artikel 11 Ausschussverfahren

(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(3) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 12 Umsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts– und Ver­waltungs­vor­schriften in Kraft, um dieser Richt­linie bis zum 23. September 2018 nach­zu­kom­men. Sie setzen die Kom­mis­sion un­ver­züg­lich davon in Kenntnis.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitglied­staaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hin­weis bei der amt­lichen Veröffent­lichung auf diese Richt­linie Bezug. Die Mit­glied­staaten regeln die Ein­zel­heiten dieser Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kom­mission den Wort­laut der wichtig­sten natio­na­len Vor­schrif­ten mit, die sie auf dem unter diese Richt­linie fallenden Ge­biet er­lassen.

(3) Die Mitgliedstaaten wenden diese Vorschriften wie folgt an:

  1. auf Websites öffentlicher Stellen, die nicht vor dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden: ab dem 23. September 2019;
  2. auf alle Websites öffent­licher Stel­len, die nicht unter Buch­stabe a fallen: ab dem 23. September 2020;
  3. auf mobile Anwendungen öffent­licher Stellen: ab dem 23. Juni 2021.

Artikel 13 Überprüfung

Die Kommission überprüft die Anwendung dieser Richtlinie bis zum 23. Juni 2022. Bei dieser Überprüfung wird den Be­rich­ten der Mit­glied­staaten über die Er­geb­nisse der in Artikel 8 be­schrie­benen Über­wachung und über die In­an­spruch­nahme des in Artikel 9 be­schrie­benen Durch­setzungs­ver­fahrens Rechnung ge­tra­gen. Sie ent­hält fer­ner eine Über­prüfung der techno­lo­gischen Fort­schritte, die den barriere­freien Zugang zu be­stimmten Arten von In­hal­ten, die aus dem An­wen­dungs­be­reich dieser Richt­linie aus­genom­men sind, ein­facher ge­stal­ten könn­ten. Die Er­geb­nisse dieser Über­prü­fung werden in einem zu­gäng­lichen Format ver­öffent­licht.

Artikel 14 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amts­blatt der Euro­päischen Union in Kraft.

Artikel 15 Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitglied­staaten gerichtet.